Der 45. Präsident der USA heißt Donald Trump. Denjenigen, die aus dem Kopfschütteln nicht mehr herauskommen, sei an dieser Stelle gesagt: Ganz so unerwartet kam das nicht. Der Vorsprung von Hillary Clinton in den Umfragen vor der Wahl betrug kümmerliche 2,5 - 3,5 %. Das ist ein Wert, der in den Bereich der statistisch möglichen Fehlerquote fällt. Der Ausgang der Wahl war also in Wahrheit höchst ungewiss, das Ergebnis war schon vorher mit einer Quote von 50 % wahrscheinlich. Was wird das nun für Auswirkungen auf Deutschland und Europa haben?
Aus deutscher Sicht muss Donald Trump ohne Wenn und Aber als ungeliebter Präsident gelten. Es gab hierzulande weder Politiker noch Medienvertreter, die vor der Wahl offen einen Trump-Sieg gutgeheißen hätten. Die deutsche Spitzenpolitik wollte ihn gleich gar nicht, nun müssen sich Kanzlerin Angela Merkel, das Kabinett und Politiker der im Bundestag vertretenen Parteien auf den Republikaner einstellen. Vielleicht ist das nicht so sehr problematisch, wie es in den ersten Tagen nach der Wahl erscheint. Aus der Wirtschaft werden zwar aktuell viele Bedenken gemeldet, die Börsen indes haben den Schock längst verdaut und setzen nun zum Höhenflug an (Stand: Donnerstagmorgen, 10.11.2016). Wieder einmal beweist es sich, dass Börsen bestimmte Entwicklungen antizipieren. In den wichtigsten Leitindizes - Dow, Dax & Co. - waren die Kurse wenige Tage vor der Wahl regelrecht abgestürzt, das war das “Einpreisen” eines möglichen Trump-Sieges. Einen letzten crashartigen Absturz gab es am Morgen nach der Wahl. Dann begann eine kräftige Rallye. Die Wirtschaft geht zum Business as usual über, weil - das Leben auch nach der Wahl und mit Donald Trump weitergeht. Diese reine Feststellung bedeutet indes keine Entwarnung bezüglich ökonomischer Folgen einer Trump-Regentschaft. Die Verunsicherung bei deutschen Wirtschaftsvertretern ist groß. Deutsche Ökonomen rechnen mit einer möglichen Abschottung der USA. Trumps Einstellung zu den bestehenden Klimaschutzabkommen erregt höchste Besorgnis: Trump will Kohle und andere fossile Energieträger wieder fördern, möglicherweise könnten die USA erst kürzlich getroffene Agreements aufkündigen. Trump steht für Abschottung, für Populismus und für die Abkehr vom Klimaschutz. Dieses Bild erzeugt Ungewissheit, denn kein Mensch weiß, inwieweit Trump seinen blumigen Ankündigungen im Wahlkampf mit realer Politik folgt. Selbst ein Handelskrieg erscheint nicht undenkbar.
Deutsche Ökonomen sind sichtlich nervös. Dazu Michael Hüther vom IW (Kölner Institut der deutschen Wirtschaft): Sollte Trump seine Wahlkampfrethorik in Realpolitik umsetzen, dürfte das Isolation der US-Wirtschaft, explodierende Staatsverschuldung und Diskriminierung bedeuten. Die deutsche Wirtschaft müsse damit rechnen, dass die USA nicht mehr das Exportzielland Nummer eins wären. Clemens Fuest (ifo-Institut): Sollte Trump die von ihm angekündigten Handelsschranken durchsetzen, entstünde großer Schaden. Trump lehnt den Freihandel ab, das erregt höchste Besorgnis. Deutschlands größter Versicherer, die Allianz, sieht ebenfalls unsichere Zeiten heraufziehen. Ihr Chefvolkswirt Michael Heise ist der Überzeugung, dass mit Donald Trump “außergewöhnlich hohe Unwägbarkeiten” verbunden seien. Zwar könne der künftige Präsident sicher nicht alle (aus deutscher Sicht negativen) Ankündigungen aus dem Wahlkampf umsetzen, dem stünden Realitäten des Amts und das Korrektiv des Kongresses entgegen. Dennoch halte man bei der Allianz den langfristigen Wachstumsausblick für die US-amerikanische Wirtschaft für "eher negativ". Es gibt auch beruhigende Stimmen, so von Marcel Fratzscher. Der Präsident des DIW (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) glaubt, dass sich die Wogen wie nach dem Brexit-Votum wieder glätten würden. Seine “verrückten Pläne” in der Handels- und Steuerpolitik werde Trump ohnehin nicht umsetzen können. Fratzscher verweist auf die funktionierende US-Demokratie, eine Beschwörung, die dieser Tage von vielen Seiten zu hören ist.
Angela Merkel ließ schon in ihrer Gratulation die deutschen Irritationen gegenüber Donald Trump anklingen. Zwar beglückwünschte sie pflichtgemäß den gewählten US-Präsidenten, verwies aber gleichzeitig auf die teils harsche Konfrontation des Wahlkampfes. In ihrem Statement deutete die deutsche Kanzlerin an, dass sie bestimmte Positionen von Trump sicher nicht vergessen werde. Dieser hatte in den vergangenen Wochen und Monaten mit teils drastische Attacken gegen die Person von Merkel und ihre Flüchtlingspolitik den Unmut der Kanzlerin heraufbeschworen. Die Diplomatie zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten muss freilich funktionieren, die USA sind unser mächtigster Bündnispartner. Einfach dürfte das unter einem Präsidenten Donald Trump nicht werden. Beunruhigend aus deutscher und europäischer Sicht sind neben den wirtschafts- und klimapolitischen Vorstellungen von Trump auch dessen Meinung zur NATO und der starken Rolle des amerikanischen Militärs in Europa. Möglicherweise müssen wir uns darauf einstellen, dass diese Rolle reduziert wird und die Europäer künftig ihre Sicherheitspolitik viel mehr aus eigenen Kräften gestalten müssen.
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